Am 07.09.2020 wurde in der Zeitschrift „Foods“ eine Nachweismethode für eine durch Oligonukleotid-spezifische Mutagenese (ODM) mutmaßlich gentechnisch hergestellte Raps-Linie (Cibus-Raps) veröffentlicht (1). Derartig hergestellte gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) sind entsprechend dem EuGH-Urteil von 2018 als gentechnisch veränderter Organismus (GVO) anzusehen, woraus sich für nicht zugelassene GVP im Sinne der EU Direktive 2001/18/EC ein Verbot in der EU ableitet.
Die publizierte Methode ist in der Lage eine bekannte Punktmutation nachzuweisen. Durch den Einsatz der quantitativen PCR sind auch geringe Mengen an GVO prinzipiell nachweisbar und quantifizierbar. Das ist aber Stand der Technik und mehr oder weniger Laborroutine.
Allerdings wird durch die oft bewusst oder unbewusste falsche Deutung der Ergebnisse der Arbeit suggeriert, dass sich natürliche Mutationen von gentechnisch erzeugten Punktmutationen generell unterscheiden lassen.
Diese Interpretation hat ein großes Echo in der Öffentlichkeit hervorgerufen. „Verstecken unmöglich“, „Neue Gentechnik ist nachweisbar“, freut sich der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. auf Twitter.
Die Raps-Mutante Falco 40K ist resistent gegen Sulfonylharnstoff- und Imidazolinon-Herbizide und trägt jeweils eine Punktmutation in zwei nahezu identischen Genen, die diese Resistenz hervorrufen. Die Punktmutation im Gen A (AHAS1C) kann, unabhängig davon ob diese natürlichen Ursprungs oder gentechnisch erzeugt wurde (s.u.), von der durch chemische Mutagenese erzeugten identischen Mutation im Gen B (AHAS3A) unterschieden werden. Dafür ist aber ein sich in der Nähe der Punktmutation bekannter Unterschied in der DNA-Sequenz zwischen den beiden ansonsten hochhomologen Genen notwendig. Durch diesen Sequenzunterschied lassen sich tatsächlich im Resultat identische Mutationen nach ihrer Entstehung unterscheiden.
Dieses Ergebnis wird von den Verfechtern der These, dass natürliche Mutationen von gentechnisch erzeugten Punktmutationen experimentell unterschieden werden können, nun auch dahingehend interpretiert. Unter ganz speziellen Voraussetzungen und der Kenntnis vielen peripherer Daten ist das im Einzelfall möglich. Für einen Nachweis der gentechnisch erzeugten Punktmutation in einer unbekannten GVP ist die Methode nicht geeignet. Selbst wenn man die Veränderung kennt, ist es schwierig, einen justiziablen Nachweis zu führen, dass es sich nicht doch möglicherweise um eine natürliche Veränderung handelt. In Kombination mit anderen Genom-spezifischen Parametern und unter Einbeziehung umfangreicher Sequenzdaten kann die Wahrscheinlichkeit, dass die nachgewiesene Mutation tatsächlich durch gentechnische Verfahren erzeugt wurde, sicher erhöht werden. Ob dieser Weg jemals zu einem gerichtsfesten Nachweis führt, ist zu bezweifeln.
Zu bemerken ist noch, dass die nachgewiesene Punktmutation höchstwahrscheinlich gar nicht durch Genome Editing entstanden ist, sondern spontan während des Zellkulturprozesses.
- Chhalliyil P. , Ilves H., Kazakov S.A., Howard S.J., Johnston B.H., Fagan J. (2020): A Real-Time Quantitative PCR Method Specific for Detection and Quantification of the First Commercialized Genome-Edited Plant. Foods 9(9), 1245 https://www.mdpi.com/2304-8158/9/9/1245
weitere interessante Links:
- https://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/01_Aktuelles/Kommentar%20zu%20Chhalliyil%20(2020)/Kommentar%20zu%20Chhalliyil%20(2020)_basepage.html
- https://gmo-crl.jrc.ec.europa.eu/ENGL/docs/ENGL%20Evaluation%20of%20the%20scientific%20publication%2002-10-2020.pdf
- https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Fachmeldungen/06_gentechnik/2020/2020_09_09_Fa_Nachweismethode-genomeditierte-Pflanzen.html
- https://www.testbiotech.org/en/news/new-genetic-engineering-confusion-about-method-plant-identification
- https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpls.2019.00236/full